Brennschneiden - Stahl verbrennen
Würden Sie glauben, dass Stahl brennt?
Natürlich tut er das. Wenn man ihn auf Entzündungstemperatur bringt und genug Sauerstoff zugibt, brennt Stahl so heiß, dass er den noch nicht brennenden Stahl in seiner Umgebung zur Entzündung bringt. Strömt genügend Sauerstoff nach, geht die Verbrennung weiter. Dieses Prinzip macht sich das Brennschneiden zunutze. Wie in vielen anderen Bereichen gibt es eine Einschränkung: die Entzündungstemperatur muss unterhalb der Schmelztemperatur liegen. Diese Voraussetzung ist für viele Stahlsorten gegeben. Brennschneiden gehört deshalb trotz aller Neuentwicklungen immer noch zu den technisch interessantesten Trennverfahren. Im Bereich der Dickbleche gibt es oft keine wirtschaftliche Alternative.
Verfahrensprinzip
Das Brennschneiden wendet das oben beschriebene Prinzip der Stahlverbrennung an. Um den Verbrennungsprozess zu zünden, wird die Werkstoffoberfläche mit der Brennerflamme in einem kleinen Bereich erhitzt. Wird die Zündtemperatur erreicht, wird die Schneiddüse geöffnet und der Sauerstoffstrahl trifft auf die Oberfläche. Im beginnenden Verbrennungsprozess bildet sich dünnflüssiges Eisenoxid, dass durch den Sauerstoffstrahl aus der Fuge geblasen wird. Die freiwerdende Wärme dieses Verbrennungsvorganges erhitzt die Schichten darunter auf Zündtemperatur. Der Verbrennungsprozess setzt sich fort. Der Sauerstoffstrahl wird in Schneidrichtung bewegt und bildet die Schnittfuge.
Vor- und Nachteile beim Brennschneiden
Eines der wichtigsten Kriterien für die Auswahl des Brennverfahrens ist die Wirtschaftlichkeit. Die Investitionen für Anlagen und Werkzeuge und die Betriebskosten sind im Vergleich zu anderen Verfahren gering. Die Personalkosten sind vergleichsweise hoch. Brennschneiden stellt geringe Ansprüche an die Infrastruktur und ist deshalb flexibel auf Baustellen, Schrottplätzen und anderen Bereichen einsetzbar. Bei großen Blechdicken (> 300 mm) ist kein anderes Trennverfahren geeignet.
Das Verfahren ist nur bei einem kleinen Spektrum an Werkstoffen einsetzbar. Durch die hohe Einbringung von Wärme können sich dünne Bleche verziehen. In der Wärmeeinflusszone verändert sich das Gefüge. Es können sich Risse bilden. Brennschneiden hat im Vergleich zu den anderen Trennverfahren die schlechteste Genauigkeit. Die Schnittflächen können in Rechtwinkligkeit, Neigung und Rautiefe von den Toleranzwerten abweichen.
Schneidbrenner
Es gibt Schneidbrenner für das Brennschneiden von Hand und für das maschinelle Brennschneiden. Beim Brennschneiden von Hand kann der Druck des Schneidsauerstoffs bis 6 bar reichen. Der Querschnitt der Schneiddüse wird abhängig von der Blechdicke ausgewählt. Entsprechend der ausgewählten Düse wird der Arbeitsdruck eingestellt. Der richtige Wert kann von der Beschriftung der Schneiddüse oder aus der Schneidtabelle gelesen werden.
Beim maschinellen Brennschneiden können Hochleistungsdüsen für den Sauerstoffstrahl mit bis ca. 12 bar Druck beaufschlagt werden. Die Schneiddüsen müssen in der vom Hersteller vorgeschriebenen Weise gereinigt und gepflegt werden. Die Gaszufuhr muss auf die zu schneidende Blechdicke eingestellt werden. Druckverluste in den Schläuchen und Armaturen müssen berücksichtigt werden.
Bei den Schneiddüsen unterscheidet man:
Beachten Sie:
- Pflege der Schneiddüsen.
- Zum Reinigen die vom Hersteller gelieferten Geräte benutzen, keinesfalls Draht oder Bohrer.
- Wichtig ist, dass der Schneiddüse für die gewählte Schneiddicke die benötigten Gasmengen an Acetylen sowie Heiz- und Schneidsauerstoff zugeführt werden.
- Die in den Schneidtabellen angegebenen Gasdrücke müssen am Brenneingang vorliegen – Kontrollmanometer einsetzen.
Auf Druckverluste achten:
- Zu enge oder zu lange Schläuche.
- Zu klein ausgelegte Druckminderer und Absperrorgane.
- Zu klein ausgelegte Sicherungen oder unnötige Sicherungen.
- Die Laufbahnen der Schneidmaschine pflegen – überprüfen Sie die Laufgeschwindigkeit für die Längs- und Querbewegung
Schneidbrenner Bedienung
Die Einstellwerte für die gewählte Schneiddüse der Schneidtabelle entnehmen. Die Gasdrücke bei geöffneten Ventilen einstellen – Kontrollmanometer einsetzen.
Einstellen der Heizflamme:
- Zuerst das Heizsauerstoffventil am Brenner voll öffnen.
- Acetylenventil etwas öffnen.
- Gemisch zünden.
- Zuerst Acetylenüberschuss einstellen.
- Jetzt Brenngas drosseln, bis neutrale Flamme eingestellt ist.
- Schneidsauerstoffventil öffnen, wenn nötig Flamme neutral nachregulieren.
Der Schneidsauerstoffstrahl muss gerade und zylindrisch aus der Düse strömen. Er darf nicht flattern. Die Heizflamme soll den Sauerstoffstrahl konzentrisch umgeben.
Die richtige Schneidgeschwindigkeit wird in Abhängigkeit von folgenden Parametern eingestellt:
- Schnittverlauf
- Gewünschte Güte der Schnittfläche
- Zusammensetzung des Werkstoffes, Legierung
- Rückstände auf der Oberfläche, Zunder, Rost, Farbe
- Wahl der Schneiddüse
- Laufruhe der Maschine
Das Brennbild an der Schnittfuge bietet eine Orientierung für das Einstellen der Schneidgeschwindigkeit, wie die Abbildung des Schneidbrenners zeigt.
Abbildung Brennbild
Arbeitstechnik
Beim Brennschneiden sind zwei Grundprozesse zu unterscheiden: das Lochstechen und die Schnittführung.
Das Lochstechen beginnt mit dem Vorwärmen des Materials am Einstichpunkt. Beim Erreichen der Zündtemperatur wird das Schneidsauerstoffventil geöffnet und der Schneidbrenner langsam vorwärts bewegt. Auf diese Weise entsteht im Einstich eine Rampe, die das Ausblasen der Schlacke erleichtert. Das Brennen wird bis zum Durchstich fortgesetzt.
Abbildung Lochstechen von Hand
Abbildung maschinelles Lochstechen
Lochstechen mit der Maschine – von Hand gesteuert
- Schneiddüsenabstand zum Blech nach Tabelle einstellen.
- Ist die Zündtemperatur erreicht – Hellrotglut, leicht sprühende helle Funken – Maschinenvorschub einschalten und das Schneidsauerstoffventil (Dosierventil) langsam öffnen.
Lochstechen mit der Lochstechautomatik
- Einstellwerte bitte der „Lochstechtabelle“ entnehmen und in die Programmsteuerung eingeben.
Schnittführung und Schnittfolge:
Dünne Bleche können sich durch den Wärmeeintrag unter der Heizflamme verziehen. Durch die Führung und Folge der Schnitte kann der Verzug vermindert werden.
- Zuerst Innenausschnitte schneiden.
- Schnittführung so wählen, dass der Abfall abwandern kann.
- Das auszuschneidende Bauteil sollte möglichst lange mit der Grundplatte verbunden bleiben.
- Im Rahmen schneiden
Abbildung Schnittführung
Schneidbare Werkstoffe
Für die Auswahl der Werkstoffe ist die Brennschneidbarkeit das entscheidende Kriterium. Die Brennschneidbarkeit eines Werkstoffes ist unter folgenden Voraussetzungen gegeben:
- Zündtemperatur des Werkstoffes geringer als Schmelztemperatur
- Schmelztemperatur des Oxids niedriger als Schmelztemperatur des Werkstoffes Schlacke ist dünnflüssig
- Hohe Verbrennungswärme des Werkstoffes
- Geringe Wärmeleitfähigkeit des Werkstoffes
Diese Voraussetzungen werden von bestimmten Stahlsorten erfüllt. Die Zündtemperatur des Stahls ist abhängig vom Kohlenstoffgehalt und der Legierung. Durch den Zusatz von Legierungselementen steigt die Zündtemperatur in den meisten Fällen an. Die Brennschneidbarkeit verschlechtert sich. Man benutzt den CEV-Wert, das Kohlenstoffäquivalent, um die Brennschneidbarkeit legierter Stähle zu bestimmen. Bis zu einem CEV-Wert von 0,5 gilt ein Stahl als gut brennschneidbar.
Gase
Für einen wirtschaftlichen Schneidvorgang und eine ausreichende Qualität der Schnittkanten muss der Schneidsauerstoff eine hohe Reinheit haben. Der empfohlene Wert liegt bei 99,995 %. Als Brenngas wird vorwiegend Acetylen eingesetzt. Propan und Erdgas sind die Alternativen.
Schnittgüte
Zur Beschreibung der Schnittgüte werden die Abweichungen von der Rechtwinkligkeit und von der vorgegebenen Neigung gemessen und mit den Toleranzwerten verglichen. Die Rautiefe ist ein weiteres Kriterium.
Abbildung Schnittgüte
Die Ursachen für fehlerhafte Schnittflächen sind vielfältig. Sie werden in der folgenden Tabelle beschrieben.
Tabelle Schnittfehler
Zusammenfassung
- Große Wirtschaftlichkeit (z.B. Mehrbrennersystem)
- Hohe Geschwindigkeit beim Brennschneiden
- geringe Investitionskosten
- kurze Anwärmzeit
- universelles Verfahren
- hoher Mechanisierungsgrad
- hohe Schnittgüte - geringe Nacharbeit
- Schrott-, Schräg- und Mehrfachschnitte möglich
- großer Materialdickenbereich kann manuell oder maschinell geschnitten werden (hohe Materialstärke beim Brennschneiden)
- bei manueller Anwendung unabhängig von externer Stromversorgung
- anwendbar für un- und niedriglegierte Stähle